Die Stromversorgung in Griechenland
Der Stromversorgung in Griechenland hat sich in den letzten Jahren aufgrund globaler Trends, nationaler Reformen und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Energiewende stark verändert. Das Land befindet sich in einem umfassenden Transformationsprozess hin zu Ökostrom und weniger kohlenstoffintensiven Energieproduktion.
Griechenland nutzt schon seit vielen Jahren die Solarthermie (Erwärmung von Nutzwasser per Sonnenenergie). Dies hat eine Menge Energie-Sparpotential, da die Erwärmung von Wasser sehr energieintensiv ist. Im Folgenden findet dies aber keine Anrechnung.
Hinweis: Dieser Artikel und die Zahlen beziehen sich auf die Stromerzeugung. Beim Gesamtenergieverbrauch incl. Industrie und Verkehr sind natürlich andere Werte zu berücksichtigen.
Typische Solarthermieanlage – häufig auf Häusern oder in Gärten zu finden
Historische Entwicklung der Stromversorgung
Traditionell war die Energiegewinnung von Griechenland auf fossile Energieträger ausgerichtet. Braunkohle/Lignit (junge Braunkohle, in der die Holzstruktur noch mit bloßem Auge erkennbar ist) war über Jahrzehnte hinweg zentral und prägend. Bis in die letzten Jahre hinein war Braunkohle der wichtigste Energieträger des Landes, insbesondere für die Stromerzeugung.
Braunkohle – lange Hauptquelle der Stromversorgung
Die traditionelle Rolle der Braunkohle in Griechenland war gekennzeichnet durch wirtschaftliche Bedeutung, energetische Unabhängigkeit und eine zentrale Rolle in der Stromerzeugung. Aufgrund großer Lignitvorkommen im Land, vor allem in den Regionen Westmakedonien und Peloponnes, wurde Braunkohle ab der Mitte des 20. Jahrhunderts massiv genutzt, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Lignit war über Jahrzehnte die billigste und am leichtesten zugängliche Energiequelle für die Stromerzeugung.
Die Nutzung von Braunkohle war nicht nur für die Energieversorgung bedeutend, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, speziell in ländlichen Regionen wie Westmakedonien. Der Bergbau und der Betrieb der Kohlekraftwerke boten tausenden Menschen Arbeitsplätze und trugen wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Gebiete bei.
Trotz ihrer wirtschaftlichen Vorteile war die Braunkohle auch eine hohe Umweltbelastung. Griechenland gehörte lange zu den Ländern in Europa mit den höchsten CO₂-Emissionen pro Kopf, was hauptsächlich auf die extensive Nutzung von Lignit zurückzuführen war. Braunkohle ist eines der umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe, da sie einen hohen Kohlenstoffgehalt und niedrigen Energieertrag hat, was zu erheblichen Treibhausgasemissionen führte. Die Umweltbelastungen waren ein Hauptgrund, warum Griechenland in den letzten Jahren den Ausstieg aus der Kohlenutzung beschleunigt hat.
Angesichts der Klimaziele der EU und der steigenden öffentlichen Forderungen nach Umweltschutz begann Griechenland in den 2010er Jahren, den Abschied von der Braunkohle zu planen. Die Regierung kündigte an, bis 2028 aus der Braunkohle auszusteigen. Diese Entscheidung ist Teil eines umfassenden Wandels im griechischen Energiesektor hin zu erneuerbaren Energien. Trotzdem ist der Übergang für viele Regionen, die traditionell vom Kohlebergbau und der Stromerzeugung durch Braunkohle abhängig waren, eine große wirtschaftliche Herausforderung.
Braunkohlekraftwerk Megalopolis (Peloponnes) – 2012
Aktueller Strommix in Griechenland
Der aktuelle Strommix in Griechenland befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel hin zu einer nachhaltigeren und weniger kohlenstoffintensiven Struktur. Das Land hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Der Anteil der erneuerbaren Energien steigt stetig. Die im Folgenden genannten Prozentzahlen schwanken je nach Quelle etwas, aber der Unterschied ist relativ gering.
Erneuerbare Energien
Erneuerbare Energien spielen eine immer bedeutendere Rolle im griechischen Energiemix und haben inzwischen etwa 50 % der Stromerzeugung erreicht. Zu den wichtigsten erneuerbaren Quellen zählen und beziehen sich auf das Jahr 2023:
Windkraft: Windenergie ist die wichtigste erneuerbare Energiequelle und trägt etwa 20-25 % zur Stromerzeugung bei. Griechenland hat durch seine geografische Lage – insbesondere die vielen Inseln und Küstenregionen – hervorragende Windressourcen, die stark ausgebaut wurden.
Windkraftwerke bei Pylos
Solarenergie (Photovoltaik): Mit knapp 20 % Anteil am Strommix hat auch die Solarenergie aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung in Griechenland erheblich an Bedeutung gewonnen. Besonders in den letzten Jahren hat die Installation von Photovoltaikanlagen zugenommen. Neben großen Solarparks wie der von Kozani im Nordwesten von Griechenland (erzeugt 230 GWh Energie, was den Energiebedarf von 75.000 Haushalten deckt) sind häufig mitten in der Landschaft kleine Solarfelder zu endecken. Ebenso gibt es viele Hausbesitzer, die ihre Dächer mit Photovoltaik-Anlagen bestücken und ihren Strom einspeisen.
Wasserkraft: Wasserkraft spielt ebenfalls eine Rolle, vorwiegend in den gebirgigen Regionen des Landes. Ihr Anteil liegt bei etwa 10 % der Stromerzeugung. Im Vergleich zu Wind- und Solarenergie ist das Wachstumspotenzial der Wasserkraft jedoch begrenzt.
Biomasse: Die Biomasse trägt nur einen geringen Teil zur Energieerzeugung bei, hat aber Potenzial, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Fossile Brennstoffe
Obwohl Griechenland auf dem Weg zur Dekarbonisierung ist, spielen fossile Brennstoffe immer noch eine bedeutende Rolle, zumindest noch Erdgas:
- Erdgas: Erdgas ist inzwischen der wichtigste fossile Energieträger in Griechenland und macht etwa 35 % der Stromerzeugung aus. Es gilt als eine Übergangslösung, da es weniger umweltschädlich ist als Kohle. Der steigende Einsatz von Erdgas hat dazu beigetragen, die Abhängigkeit von Kohle zu reduzieren. Durch den Krieg in der Ukraine und den Folgen wird seit 2022 statt Erdgas (CNG) mehr Flüssiggas (LPG) eingesetzt, welches ökologisch etwas ungünstiger ist.
- Braunkohle (Lignit): Braunkohle spielte historisch eine zentrale Rolle, ist jedoch stark rückläufig. Ihr Anteil an der Gewinnung der Elektrizität ist inzwischen auf weniger als 10 % gefallen, und Griechenland plant, bis spätestens 2028 vollständig aus der Kohleverstromung auszusteigen. Dies ist Teil der nationalen Strategie zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen.
- Erdöl: Obwohl Öl (noch etwa 5 %) im griechischen Stromsektor keine zentrale Rolle mehr spielt, ist es für die Energieversorgung auf den Inseln nach wie vor wichtig, insbesondere auf jenen, die nicht an das Festlandnetz angeschlossen sind. Die griechische Regierung plant jedoch, diese Abhängigkeit durch die Elektrifizierung der Inseln mit erneuerbaren Energien zu reduzieren.
Importierter Strom
Griechenland importiert einen Teil seiner Energie, insbesondere während Zeiten hohen Bedarfs. Dieser Anteil schwankt, liegt aber in der Regel zwischen 5 und 10 % des Strommixes. Importiert wird vor allem Strom aus benachbarten Ländern wie Bulgarien und der Türkei.
Atomenergie
Atomkraft, nein Danke! Griechenland verfügt über keine Atomkraftwerke und beabsichtigt auch nicht, welche zu errichten. 2022 wurde allerdings mit Bulgarien über den Kauf von Strom aus einem noch zu errichtenden bulgarischen Kernkraftwerk verhandelt. Ob dieses Kraftwerk überhaupt gebaut wird und ob es zu einem Vertragsabschluss über die Lieferung von Atomstrom gekommen ist, ist mir nicht bekannt.
Prognose und Ziele
Griechenland hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt, um den Anteil von grüner Energie weiter zu steigern und den Anteil fossiler Brennstoffe zu verringern. Die Abschaltung der Braunkohlekraftwerke ist bis 2028 geplant und könnte auch schon früher erreicht werden. Bis 2030 sollen erneuerbare Energien mindestens 80 % des Stromverbrauchs decken. Gleichzeitig sollen auch Wasserstofftechnologien und Offshore-Windenergie ausgebaut werden, um Griechenland zu einem Vorreiter in der Energiewende im Mittelmeerraum zu machen. Von 2022 bis 2030 sollen laut nationalem Klimaplan rund 200 Milliarden Euro investiert werden.
Bei euronews gibt es ein interessantes Video mit einem ausführlichen Artikel zur Frage: Wird Griechenland dank Windenergie zur „grünen Steckdose“ Europas? Das Thema wird aus der Sicht unterschiedlicher Interessengruppe behandelt.
Stromversorgung der griechischen Inseln
Die meisten griechischen Inseln, insbesondere die kleineren, sind nicht mit dem nationalen Stromnetz verbunden und betreiben ihre eigenen, isolierten Netze. Diese Inseln sind stark von fossilen Brennstoffen, insbesondere Dieselgeneratoren, abhängig, die teuer im Betrieb sind und zu hohen CO₂-Emissionen führen. Dies betrifft insbesondere Inseln in der südlichen Ägäis wie die Kykladen und Dodekanes.
Viele Inseln haben begonnen, erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft zu integrieren. Aufgrund der klimatischen Bedingungen, vor allem reichlich Sonnenstrahlung und Wind, sind die Inseln gut für diese Technologien geeignet. Einige Inseln, wie Tilos und Astypalea, gelten als Vorreiter in der Integration von erneuerbaren Energien und Speichersystemen.
Anbindung vieler Inseln an das Festlandnetz
Die Verlängerung der bestehenden Unterwasserkabelverbindungen wird fortgesetzt. Die soll zur Dekarbonisierung und Netzfestigkeit auf den Inseln beitragen. Die griechische Netzgesellschaft (IPTO) plant, bis 2029 die meisten Inseln der Kykladen und der Dodekanes an das Festlandnetz anzuschließen. Kreta, die größte griechische Insel, soll Ende 2024 über ein Unterseestromkabel mit dem Festland verbunden werden. Die Kabel sind bereits verlegt, die letzten Installationen werden gerade fertiggestellt.
Energieinfrastruktur und Netzausbau in Griechenland
Die Energieinfrastruktur und der Stromnetzausbau in Griechenland sind zentrale Elemente der Strategie des Landes, um den Übergang zu einer nachhaltigen und dekarbonisierten Energieversorgung zu unterstützen. Der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien und die notwendige Integration dieser in das Stromnetz stellen das Land vor Herausforderungen, aber auch vor bedeutenden Chancen.
Aktueller Stand
Die griechische Energieinfrastruktur, insbesondere das Stromnetz, ist historisch auf die Nutzung von zentralisierten fossilen Kraftwerken (Braunkohle, Erdgas) ausgerichtet. Viele dieser Kraftwerke liegen auf dem Festland, besonders in Regionen mit Kohlevorkommen wie Westmakedonien. Das Stromnetz ist jedoch in vielerlei Hinsicht veraltet und muss an die neuen Anforderungen der dezentralen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien angepasst werden.
Integration der erneuerbaren Energien
Griechenland hat ehrgeizige Pläne, den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix stark zu erhöhen. Die Umstellung von zentraler zu dezentraler Stromversorgung stellt die Netzbetreiber vor Herausforderungen. So ist eine moderne und flexible Netzstruktur erforderlich. Zu den größten Aufgaben gehören:
- Netzstabilität: Wind- und Solarenergie sind wetterabhängig und erzeugen Strom nicht kontinuierlich. Dies führt zu Schwankungen in der Stromversorgung, die durch bessere Netze und Speichersysteme ausgeglichen werden müssen.
- Übertragungsengpässe: Insbesondere im Norden des Landes und in Küstennähe, wo viele Wind- und Solarparks entstehen, gibt es oft Engpässe im Übertragungsnetz, da die Infrastruktur nicht ausreichend auf den schnellen Zuwachs erneuerbarer Energien vorbereitet ist.
- Veraltete Netzinfrastruktur: In den ländlichen Regionen gibt es immer wieder mal Stromausfälle. Das bestehende Netz ist in vielen Teilen technisch veraltet und nicht dafür ausgelegt, große Mengen an dezentral erzeugter erneuerbarer Energie effizient zu verteilen.
Hierfür investiert Griechenland in den Ausbau und die Modernisierung des Übertragungsnetzes. Neue Hochspannungsleitungen und intelligente Netze sollen die Netzstabilität verbessern und die Energieversorgung effizienter machen. Das längste Unterseekabel der Welt von 950 km Länge soll Ökostrom von Ägypten nach Griechenland und weiter nach Europa leiten.
Speicherkapazitäten
Um die Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen, plant Griechenland den Ausbau von Batteriespeichersystemen, Pumpspeicherkraftwerken und Wasserstofftechnologie. Diese Speichersysteme sollen es ermöglichen, überschüssige Energie aus Wind- und Solarparks zu speichern und bei Bedarf ins Netz einzuspeisen. Solche Systeme sind insbesondere für die Netzstabilität unerlässlich, da die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen oft nicht synchron mit dem Strombedarf erfolgt.
Zukünftige Entwicklung
Neben der Modernisierung der Netzinfrastruktur hat Griechenland auch langfristige Pläne, um den Energiesektor nachhaltig und effizient zu gestalten.
- Offshore-Windparks: Griechenland hat das Potenzial, ein bedeutender Akteur im Bereich der Offshore-Windenergie im Mittelmeerraum zu werden. Erste Projekte zur Errichtung von Offshore-Windparks sind in Planung, die über große Kapazitäten verfügen und einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten könnten.
- Wasserstofftechnologie: Wasserstoff wird zunehmend als eine Schlüsseltechnologie zur Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Dekarbonisierung schwer zu elektrifizierender Sektoren gesehen. Griechenland plant Investitionen in die Wasserstoffinfrastruktur, um in Zukunft eine größere Rolle im europäischen Wasserstoffmarkt zu spielen.
- EU-Förderprogramme: Griechenland profitiert von europäischen Förderprogrammen wie dem Green Deal und dem Recovery Fund, die darauf abzielen, die Energiewende zu beschleunigen. Diese Gelder unterstützen sowohl den Netzausbau als auch den Ausbau erneuerbarer Energien.
Letzte Aktualisierung: 28. September 2024